Problem oder Chance?

Neue Berufsfelder in Produktion und Industrie 4.0

Düsseldorf, November 2021 - Laut einer Umfrage des Handelsblatts haben allein die Dax-30-Konzerne derzeit fast 14.000 offene Stellen, was den industriellen Aufschwung massiv bedrohe. Aber auch für den Mittelstand ist der Fachkräftemangel eine der größten Sorgen. 70 Prozent der Firmen fällt es schwer oder sehr schwer, neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Ein Drittel aller Mittelständler kann Stellen in der Produktion aus Mangel an geeigneten Bewerbern nicht besetzen, so das Ergebnis des Mittelstandsbarometers 2021. Die McKinsey-Studie "The future of work after Covid-19" kommt zu dem Schluss, dass weltweit über 100 Millionen Beschäftigte bis zum Ende des Jahrzehnts von Umschulungen, Weiterbildungen und Jobwechseln betroffen sein werden. 

In Deutschland seien bis 2030 rund 10,5 Millionen Arbeitnehmende von gravierenden Veränderungen betroffen: 6,5 Millionen Beschäftigte müssten weitergebildet werden und bis zu vier Millionen sogar den Beruf wechseln, da ihre Tätigkeiten schneller überflüssig werden als vor dem digitalen Boost durch Covid-19 angenommen.
Die Mehrzahl der Unternehmen hat erkannt, dass sie die fehlenden Qualifikationen nicht allein über die Rekrutierung neuer Mitarbeiter besetzen können, sondern in interne Weiterbildung (Upskilling) und Umschulung (Reskilling) investieren müssen, um notwendige Fähigkeiten aufzubauen.

Beispiele für Upskilling: Die zunehmende Digitalisierung und der Einsatz von KI- und IoT-Technologien im Fertigungssektor und Industrie 4.0 ermöglichen die Optimierung von Herstellungsprozessen. Mitarbeiter müssen jedoch im Umgang mit den neuesten Geräten und Softwaresystemen sowie für die Auswertung der Systemdaten geschult werden. Denn ein Austausch der Belegschaft wäre weder sinnvoll, noch wären ausreichend Fachkräfte mit den benötigten Skills am Markt verfügbar. Ein weiteres Beispiel sind neue Compliance-Anforderungen, wie TISAX im Automobilbereich, die eine permanente Weiterbildung und Zertifizierung von Fachkräften notwendig machen.

Beispiele für Reskilling: In anderen Sektoren ist eine komplette Umschulung von Mitarbeitern notwendig, um sie für zukünftigen Aufgaben zu qualifizieren. In der Automobilindustrie beispielsweise ergeben sich durch den Bereich Elektromobilität sowie hybride Fahrzeugmodelle völlig neue Service Modelle und Aufgabenbereiche, während frühere Jobs wegfallen. In anderen Fertigungsbranchen werden Jobs obsolet, weil Maschinen nicht mehr manuell bedient werden müssen oder Roboter eingesetzt werden. Auf der anderen Seite werden aber dringend Programmierer für die Steuerung und Fachkräfte für die Prozessüberwachung gesucht.

Das Institut der deutschen Wirtschaft betont, dass 79 Prozent der Unternehmen erwarten, dass Mitarbeiter:innen in den kommenden fünf Jahren neue Kompetenzen durch veränderte Tätigkeiten
benötigen. Die Herausforderungen liegen jedoch in der Umsetzung dieser Maßnahmen und der Integration in den Arbeitsalltag.

Fünf Ansatzpunkte für die Umsetzung von Qualifizierungsmaßnahmen

Transparenz über vorhandene und fehlende Qualifikationen: Voraussetzung dafür, vorqualifizierte Mitarbeiter mit zusätzlichen Fähigkeiten für dringend benötigte Jobrollen weiterzubilden, ist eine Bestandsaufnahme der Fähigkeiten jedes Mitarbeiters. So können Unternehmen sowohl Qualifikationslücken als auch geeignete Kandidaten identifizieren. Eine solche Bestandsaufnahme gelingt beispielweise mithilfe eines Learning Management Systems (LMS) oder einer Learning Management Experience Plattform (LMXP). Anschließend können Unternehmen mithilfe einer solchen Lösung sogenannte Lernpfade erstellen, um Mitarbeiter mit relevantem Wissen zu qualifizieren. Feedback der Mitarbeiter kann zudem auch die Bereitschaft eines Mitarbeiters zeigen, in eine andere Position zu wechseln.

Integration in den Arbeitsalltag: Lern- und Fortbildungsangebote werden von vielen Mitarbeitern als unzusammenhängend und vom Job getrennt wahrgenommen. Das hindert sie daran, eine aktivere Rolle bei ihrer eigenen Entwicklung einzunehmen. Gefragt sind Lösungen, die den Mitarbeitern genau dann einen einfachen Zugriff auf Wissen und die Informationen ermöglichen, wenn sie dies im Arbeitsalltag benötigen. Idealerweise sollte ein LMS oder LMXP System daher auch den direkten Zugriff auf Lerninhalte ermöglichen.

Personalisierung: Mithilfe detaillierter individueller Entwicklungspläne können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter Schulungen für genau die Fähigkeiten erhalten, die sie benötigen. Moderne Systeme mit Funktionen auf Basis von künstlicher Intelligenz (KI) unterstützen präzise, automatisierte Vorschläge für Lernaktivitäten, Ziele, Inhalte und andere Tools, die den Mitarbeitern helfen, ihre Schlüsselkompetenzen zu verbessern. Letztlich sollte das Lernen zielgerichtet und passgenau auf die Lernenden zugeschnitten sein.

Digitalisierung: Eine weitere Möglichkeit, die Weiterbildung und Umschulung von Mitarbeitern zu verbessern, besteht darin, aufwändige administrative Aufgaben, die häufig der Personalabteilung zufallen, mithilfe eines LMS oder LMXP zu digitalisieren und teilweise zu automatisieren. Dazu gehören beispielsweise die Registrierung jedes Mitarbeiters für Schulungen, das Verfolgen und Sicherstellen erforderlicher Schulungen und Zertifizierungen, die Erstellung und der Versand von Schulungsmaterialien und das Zur-Verfügung-Stellen von Schulungs-Aufzeichnungen. Wird diese Arbeitslast erleichtert, dann können die Verantwortlichen Schulungen sehr viel schneller und zielgerichteter umsetzen und damit mehr Mitarbeiter in die Weiterqualifizierung einbinden.

Vorausschauende Planung: Neben Umschulung und Weiterqualifizierung, ist die „Vorqualifizierung“, das sogenannte „Preskilling“, eine weitere Methode zukünftig benötigte Fähigkeiten aufzubauen. Dabei unterstützen vorausschauende Unternehmen engagierte und qualifizierte Mitarbeiter dabei, neue Rollen und Arbeitsfelder auszuprobieren und sich weiterzubilden. Mit solchen, über intelligente Lernsysteme unterstützten Lernpfaden adressieren die Firmen nicht nur zukünftige Anforderungen, sondern unterstützen auch die Karriereentwicklung und Mitarbeiterbindung. Gerade Mitarbeiter mit hohem Potenzial können sich auf Dauer in einem beschränkten Aufgabenfeld langweilen und schlimmstenfalls mit ihrem gesamten Wissen zu einem neuen Arbeitgeber wechseln, weil sie im eigenen Unternehmen keine Chancen für eine Weiterentwicklung sehen.

"Der Fachkräftemangel in der Industrie ist keine neue Problematik", erklärt Aristoteles Kabarganos, Sales Director Central Europe bei SumTotal. "Durch die neuen Berufsfelder und die dafür benötigten Qualifizierungen ist jedoch den meisten Verantwortlichen klar geworden, dass sie ohne die Integration von Fortbildungs- oder Umschulungsangeboten in ihrem Unternehmen nicht wettbewerbsfähig bleiben, da sich die Stellen nicht extern abdecken lassen. Wenn entsprechende Qualifizierungsprogramme vorausschauend und effektiv umgesetzt werden, können sie einen Ausweg aus der Fachkräftemangel-Spirale ermöglichen."